... ob die Erde wirklich rund ist
Kleines wunderschönes Malta mit Wohlfühleffekt: Piet hatte seine Freude an den häufigen Salut-Böllerschüssen mit anschließendem Feuerwerk; ich mochte den Eiswagen mit Lilli Marleen; Kinnie, ein neu entdecktes Kräutergetränk; die zurückhaltende, freundliche Bevölkerung Unsere Überfahrt von Sizilien nach Malta teilten wir in zwei Abschnitte: zuerst segelten wir knapp 30 Seemeilen über 6 Stunden an der sizilianischen Küste entlang nach Portopalo, wo wir in einer Bucht gut ankern konnten, uns ausruhten, um am 27.8.022 nachts um 00.02 Uhr unsere 56 Seemeilen lange Fahrt nach Malta fortzusetzen. Die nächtliche Wache mit der Einschätzung, die Fahrtrichtung anderer Schiffe durch deren Navigationslichter zu erkennen, fällt mir noch schwer. In Zweifelsfällen weckte ich Piet, der es auch geduldig hinnahm. Am meisten fürchte ich Fischerboote, die kreuz und quer ihren Fängen hinterherfahren und in keinem AIS (elektronisches System, das Schiffe ortet und deren Abstand, Fahrtrichtung und Geschwindigkeit übermittelt) auftauchen.
Zu Beginn hatten wir Orientierungsschwierigkeiten, welcher Stadtteil in diesem großen Hafen denn nun die Hauptstadt Valletta wäre. So gingen wir mit unserem Dingi erst einmal an Land und landeten auf, wie wir später erfuhren, einer der „three cities’’ Birgu (Vittoriosa), Bormla (Cospicus) oder L´Isla (Senglea). Wir gerieten mitten in die Vorbereitungen zu einem Patronatsfest von St. Lorenz: überall standen Heiligenstatuen und überdimensionierte Fahnen, die die engen Gassen und Straßen schmückten; abends wurde die Böllerzeremonie und Feuerwerksrate auf circa Stundentakt maximiert. Mein empfindliches Gehör war wahrlich herausgefordert. Beim Streunen durch die Gassen begegneten uns auf Schritt und Tritt die Johanniter, die hier in Birgu ihre erste Wirkstätte auf Malta hatten und irgendwann zu den Maltesern wurden. Das traditionelle Brauchtum wird hier noch sehr gepflegt. Die Feiern wechseln sich ab. Eine Woche später gab es auf der Nachbarhalbinsel das nächste Fest und natürlich mit den uns inzwischen vertrauten Böllerschüssen und dem Feuerwerk. Am zweiten oder dritten Tag hatten wir uns soweit orientiert, dass wir die uns gegenüberliegende Stadt Valletta im Norden des Hafens aufsuchten. Dicht gedrängte Geschichte in der Altstadt mit Großmeistern, einer unglaublich reichausgestatteten St. John’s Co-Cathedral, die von außen karg und spartanisch daherkommt und im Inneren mir die Sprache verschlug: jede Landsmannschaft des Malteserordens scheint sich in der Ausschmückung der Seitenkapellen zu überbieten. Ich war regelrecht überfordert bei der Besichtigung. Ich konnte die einzelnen Details gar nicht mehr wahrnehmen. Die ganze Struktur mit Großmeistern durch die Jahrhunderte mit dem einerseits caritativen Wirken und anderseits dem Machtstreben und kriegerischen Auseinandersetzungen wirkte auf mich irgendwie düster und mysteriös. Die tolle Ausstellung im Fort St. Elmo über die Gesamtgeschichte Maltas, mit vielen unterschiedlichen Einflüsse auch aus dem Arabischen, wurde sehr gut dargestellt. Beeindruckend war für mich jedoch die geografisch strategische Lage, die diese Insel immer wieder zur Verteidigung zwang. Die unglaublich dicken Befestigungsanlagen sprechen da eine nachweislich deutliche Sprache. Die letzte große Zerstörung und Belagerung erfuhr Malta von 1940-1942 mit massiven italienischen und deutschen Luftangriffen zusammen mit einer Seeblockade, da der Marinestützpunkt der Briten auf Malta, strategisch im Mittelmeerraum gelegen, sehr interessant war
Nun war erst einmal Pause angesagt und ich setzte mich in ein kleines Bistro, beobachtete Leute und aß eine Kleinigkeit, bummelte durch Geschäfte und kaufte mir ein schönes Sommerkleid. Auf den Spuren des Apostel Paulus wurde ich dann in der St. Paul´s Co-Cathedral nicht recht fündig. Dazu machten wir später einen Ausflug in die Stadt Rabat und die daran angrenzende frühere Hauptstadt Mdina. Laut Überliefereng soll Paulus als Häftling nach seinem Schiffbruch auf Malta gestrandet sein (Apostelgeschichte 28, 11) und als Gefangener in einer Grotte in Rabat das Christentum gelehrt und verbreitet haben und Menschen geheilt haben. Na, wie es nun wirklich war, werden wir nicht mehr klären können. Die Frage ist, wo ist die frühere Haltung geblieben, auf dem Mittelmeer treibende Menschen aufzunehmen. Da bekleckert sich auch Malta, wie alle anderen Anrainerstaaten, nicht mit aufnehmender Mitmenschlichkeit.
Die Zeit war wie im Flug vergangen. Ich verließ den Konzertsaal und ging weiter. Auf einmal geriet ich auf den langen Fluren in einen offiziellen Empfang irgendeiner Delegation mit Security. Ich schlängelte mich hindurch und erreichte den Ausgang mit bleibenden, abwechslungsreichen Erlebnissen im Gepäck. Ich rief Piet an, der mich mit dem Dingi abholte. Es war ein schöner abendlicher Austausch über die verschiedenen Seiten Maltas: hochmodern und sehr geschichtsträchtig. Auf unserer Reise streifen wir dies alles nur, aber es gibt einfach Impulse und Anregungen, die uns bereichern.
Nun schreibe ich immer so begeistert vor mich hin; Piet bringt mit den Bildern alles in Form und Verbesserungen ein; meldet uns einfach mal kurz zurück, ob euch diese Berichte gefallen oder ob sie zu lang sind.
Es grüßen euch Piet und Gundula
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Verhinderte Besichtigung von Taormina; Catania und unsere atemberaubende Wanderung auf den Ätna, Syrakus (Siracusus) mit Archimedes in praktischer Erprobung; gute und günstige Labormedizin; in zwei Etappen nach Malta in den Grand Harbour Erschöpft und übermüdet ankerten wir in der Bucht von Taormina neben lauter Luxusyachten. Uns stach die außergewöhnlich schön anzuschauende Artefact ins Auge, die auf einer Werft in Rendsburg/Deutschland gebaut wurde. Dieser Yacht begegneten wir später noch in Syrakus und auf Malta. Einfach schön anzuschauen. Bei relativ viel Schwell stieg ich in die Planung der Besichtigung von Taormina ein, das wunderschön auf einem Berg vor uns lag, und mir von meiner Schwester Harriet und verschiedenen anderen Freunden empfohlen worden war zu besichtigen. Piet studierte derweil das Wetter und meinte, dass wir hier nur diese Nacht bleiben könnten, da aus der Straße von Messina heftiger Wind aufzog. Hin und her diskutierend, im Dingi am Abend kurz an Land fahrend, gerieten wir in einen heftigen Streit, ob Besichtigung ja oder nein. Schlussendlich segelten wir am nächsten Tag schnell weiter in den sicheren Hafen von Catania. Dieser große, hässliche Industriehafen hat mehrere Marinas, und wir steuerten gleich rechts den Circulo Natico an. Zwei Herren, die scheinbar mit dem Anlegen von Schiffen nicht sehr vertraut waren, übergab ich die Leinen, und sie tüderten so ungeschickt herum, dass Piet immer wieder rückwärts bei starker Strömung manövrieren musste. Aber schließlich lag unser Albatros sicher vertäut am Steg.
Piet war auch schon wieder da. Der kurze Abstand hatte uns beiden gutgetan. Zusammen planten wir für den nächsten Tag unsere Ätna-Tour und suchten nach einer geführten Wanderung, was natürlich recht kurzfristig war. Es gelang uns nach ausgiebiger Internet Recherche, und wir freuten uns auf den nächsten Morgen. Pünktlich erwachten wir. Und was soll ich sagen, der Ätna zeigte sich uns in seiner Schönheit das erste Mal. Oben rauchte es wie aus einem Schornstein. Zügig packten wir unsere Sachen für die Bergtour und machten uns auf zu unserem Treffpunkt in der Stadt, kauften uns in einem urigen Geschäft für kleines Geld belegte Brötchen, die uns in aller Ruhe frisch zubereitet wurden. Am Treffpunkt trudelten dann der gesprächige junge, dynamische deutsche Doktorand der Informatik Vincent ein und eine junge Frau aus Rio de Janeiro, die auf der Durchreise nach Malta zu einem Englischsprachkurs war. In einem Kleinbus ging es durch wunderschöne fruchtbare Gebiete mit Anbau von Pfirsichen, Citrusfrüchten, Tomaten und Feigen am Fuß des Ätna dahin. Unser Guide Alessandro war begeistert von „seinem“ Ätna und es machte Spaß seinen Erklärungen zu folgen. Die Faszination für diesen aktiven Vulkan, dicht gepaart mit einem Respekt vor seiner Zerstörungsgewalt scheint die Menschen hier zu prägen. Trotz durch Lava zerstörter Häuser siedeln sich die Menschen immer wieder dort an.
Zügig wanderten wir den pechschwarzen Berg hinauf, durch die Lavaasche immer wieder auch rutschend, waren unsere Stöcke Gold wert. Eine junge Frau bekam Atemnot im anstrengenden Anstieg. Wie sich herausstellte hatte sie wohl angeblich eine Anämieform; das Ganze schien aber auch irgendwie psychosomatisch überlagert. Denn nach einiger Zeit lief die junge Frau an der Spitze der Gruppe mit. Die „Erythrozytenanpassung im Turbogang“ erschloss sich mir medizinisch nicht so recht. Unser Guide Alessandro blieb zurück, und ich beobachtete aus dem Augenwinkel, ob ich etwas zu tun bekam. Innerlich etwas ärgerlich, wie hemdsärmelig manche Menschen unnötig ein Risiko eingehen.
Wir wanderten auf und ab, überschritten karge schwarze Lavafelder und dann wieder Gebiete mit Vegetation, oft eine Art Steingewächse, Seifenkraut und vieles mehr, wovon ich die botanischen Namen nicht kenne. Dieser Wechsel von Kargheit und blühendem Leben war für mich die Faszination. Bei ca. 2700 Meter Höhe machten wir dann eine größere Pause, das belegte Brötchen schmeckte ausgezeichnet, blickten in eine Schlucht, wo häufig Lavamassen hinabstürzen und saßen plötzlich in den Wolken. Es war angenehm kühl. Die angesagte lange Wanderhose und die Regenjacke brauchten wir tatsächlich, um nicht auszukühlen. Nun waren wir gestärkt, sollten unsere Stöcke beiseite nehmen, und was jetzt kam, werde ich nie mehr im Leben vergessen. Über feine Lavaasche liefen wir uns gut ausbalancierend und leicht rutschend den Ätna hinab. Es war die pure Lust, wie ein Kind den Berg hinab zu laufen, vertrauend, leicht rutschend sein Gleichgewicht zu finden. Völlig beseelt und lachend kamen Piet und ich unten an. Es war Lebensfreude pur. Unsere Guides schienen diesen Teil der Wanderung auch nach wie vor zu genießen. Unser frisch hüftoperierter englischer Professor in unserer Gruppe vertrug es allerdings nicht ganz so gut. Eigentlich ja auch nicht verwunderlich. Unten angekommen erwartete uns ein weiteres Naturhighlight: eine tunnelartige Lavahöhle/-grotte, die durch dünnflüssige Lava, die in einer Art Rinne hinabfließt und an den Rändern eine Art Dach entstehen läßt, das in den äußeren Schichten schneller abkühlt. Darunter fließt die Lava weiter voran, ein Hohlraum entsteht. Durch Erosion und auch aus statischen Gründen brechen dann Dachteile ein und voilà, das Oberlicht , das sogenannte neuhochdeutsche skylight ist entstanden. Ist die Natur nicht ein fantastischer Baumeister?
Am den nächsten Tag wollten wir nach Syrakus starten. (Syracusus; leitet sich ab vom Wort Sumpf, den nahegelegenen Sumpfgebieten, wo heute noch Papyrusstauden wachsen) Zu unserer Überraschung fielen die Marina- Kosten in Catania das erste Mal auf unserer Reise sehr gering aus. Nun also auf zu unserer kleinen Segelstrecke von 31 Seemeilen. Die Fahrt verlief ruhig und wir konnten mit dem watermaker mal wieder 175 Liter Süßwasser aus Salzwasser gewinnen. Inzwischen trinken wir dieses Wasser unabgekocht, gekühlt, und es bekommt uns. In Syrakrus fanden wir direkt vor der Stadt eine große gut geschützte Ankerbucht. Am Kai lag wieder meine Lieblingsyacht Artefact. Vom 21.8. bis zum 26.8.2022 blieben wir in dieser schönen historisch interessanten Stadt. Der Weg mit dem Dingi war relativ weit. Angelandet orientierten wir uns erst einmal ein wenig in der Stadt. Ich suchte nach einem Labor, da ich zur Medikamenteneinstellung ein paar Blutwerte von Piet brauchte. Und siehe da, Piet fand ein Hinweisschild. Es war völlig unkompliziert die Laborwerte zu bekommen. Alles war gut organsiert mit wenig Bürokratie, email Befundübermittlung und kostengünstiger Barzahlung. So etwas würde ich mir in Deutschland zurzeit wünschen. Und wie ist es möglich, dass die Kosten circa nur ein Zehntel von unseren betragen?
Am nächsten Tag durfte natürlich der berühmteste antike Mann dieser Stadt, Archimedes (287- 212 vor Christus) nicht fehlen: Schon irre, auf seinen mathematisch, physikalischen Grundlagen noch heute unterwegs zu sein. In einem Freiluftpark konnten wir kleine Experimente machen; Piet erklärte mir vieles, in der noch heute üblichen praktischen Anwendung, wie Flaschenzüge mit mehren Umlenkrollen und Getriebe mit unterschiedlich großen Zahnrädern, wie Seilwinden funktionieren, die unterschiedlichen spezifischen Gewichte, die Hebelgesetze, die Grundlage für die Kreis-Zahl Phi, die archimedische Schraube als Wasserhebeanlage und, und, und. Vieles übrigens zum kriegerischen Einsatz entwickelt. Ich kam wie ein Kind aus dem Staunen nicht heraus. So hätte früher mein nicht sehr geliebter Physikunterricht laufen sollen und nicht trockenes Formellernen ohne Bezug. Es war einfach toll gemacht, obwohl die Exponate sehr in die Jahre gekommen waren. So nebenbei ohne Anstrengung, Spaß gehabt und was gelernt.
Am nächsten Tag mussten wir unsere Dosenvorräte und Getränke für die Weiterfahrt auffüllen. Unsere für uns erschwinglichen Supermärkte, wie Lidl oder Conad liegen in Italien immer etwas auswärts; wir kennen das schon. Also fuhren wir mit dem Dingi etwas außerhalb der Bucht in einen verlassenen Hafen, der wohl als Erweiterung geplant und wieder aufgegeben wurde. Beim Festmachen des Dingis kroch aus einem verwahrlosten Segelboot ein ebenso heruntergekommender Typ hervor, der sich anbot, auf unser Dingi „aufzupassen“. Ich weiß nicht, ob uns das wirklich beruhigte.
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März 2023
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