... ob die Erde wirklich rund ist
Geburtstag in Santa Maria di Leuca; Crotone, muss man nicht haben; La Castella: Anlegen im Päckchen im Wechsel an einem Fischer- und Ausflugsboot; unruhige Nacht in Roccella Ionica vor unserer nächtlichen Überfahrt nach Sizilien und erneuter Guardia Costiera Kontakt; Sizilien im Dunst
Nach unserer zweiten unruhigen Nacht durch die seitlichen heftigen Wellenbewegungen hatte Piet die Idee am Hafenkai fest zu machen, wo am Tag zuvor zwei private Yachten lagen. Also schnell den Anker hoch und am Kai angelegt. Es war deutlich ruhiger unter unseren Füßen, und wir genehmigten uns in aller Ruhe unseren Tee und Kaffee. Aber zu früh gefreut, noch mit unseren Tassen in der Hand begrüßten uns zwei recht freundliche Beamte der Guardia Costiera und sagten uns, dass wir hier nicht bleiben dürften. Piet -gut präpariert- sagte, uns würde die Kette auslaufen , und so hätten wir bei dem Schwell Schwierigkeiten. Das nützte uns zunächst noch nichts, erst als Piet nachwies, dass die nahegelegene Marina keinen Platz für uns hatte, lenkten die beiden Herren ein und genehmigten das Bleiben bis zum nächsten Morgen. Die Herren entschwanden wieder; sie hatten auf ihren Schultern je zwei Streifen. Zurückgekehrt zu unserem begonnenen gemütlichen Tee-Kaffeestündchen, Piet noch gar nicht richtig bekleidet, quietschten Autoreifen jäh neben uns, ein mittelalter, korpulenter Küstenwachenpolizist sprintete mit drei Streifen! auf dem Hemd auf uns zu und befahl uns, sofort den Anleger zu verlassen. Wurde der arme Mann übergangen? Es war eine wirklich skurrile Situation, auch als Piet sich etwas Zeit erbat, schließlich wollte er sich anziehen, wurde er aufgefordert in fünf Minuten weg zu sein. Also zurück in die Bucht, Anker gesetzt, den zweiten Anker für den Notfall bereitgelegt, hinein wieder in eine unruhige Nacht. Nächsten Morgen in aller Frühe um kurz vor fünf verließen wir diesen Ort um weiter zu segeln nach Santa Maria di Leuca.
Aber selbst keine Arbeit zu haben, hatte dieses Jahr auch etwas für sich. In Santa Maria hatten wir für unseren Aufenthalt eine Art Café-Bistro ausgemacht, wo ich den leckeren Cafe Leccese kennenlernte: einen eisgekühlten Espresso mit süßer Mandelmilch. Ich finde, den sollten wir, wie mit dem Aperol Spritz geschehen, in Deutschland einführen. Dazu gab es Miniküchlein, auf die Piet sich „spezialisierte“. Die könnten in der Qualität auch gut Einzug bei uns halten. Nun hatten wir uns gut ausgeruht, um unsere nächste Nachtfahrt nach Crotone über den Golf von Tarent in Angriff zu nehmen. Die 74 Seemeilen verliefen ruhig. Nebenbei produzierten wir, wie wir es oft machen, unser Süßwasser. Die Motoren unterstützen uns dabei, damit die Batterien nicht überlastet werden. Nach 13 ½ Stunden erreichten wir diese sehr schmutzige, verwahrloste Hafenstadt, davor Gas und/oder Ölbohrtürme im Meer.
In der Marina fanden wir keinen Platz und nun kam für mich wieder etwas Neues: Piet legte sich längsseits an einen Ausflugsdampfer. Dies wird auch absolut toleriert. Als der Eigner seine Touristenfahrten hatte, legten wir uns um an einen Fischkutter daneben. Und so pendelten wir ein paar Mal hin und her: Immer fleißig über das jeweilige andere Schiff an Land krabbelnd. Die Hafengegend war auch irgendwie schmuddelig; die Fischer und anderen Schiffseigner jedoch ganz entspannt und freundlich, aufeinander achtend. Ja, und weit und breit keine Küstenpolizei. Piet entspannte sich im Café während ich das aragonesische Kastell erkundete, eine ganz imposante, zum Teil auch verfallene Anlage, die durch die Meeresbrandung erheblich absackt. Als Filmkulisse soll es in mehreren Filmen auftauchen. Das kann ich mir auch lebhaft vorstellen. Die Beobachtung des Sonnenunterganges war für uns später das Besondere.
Nun wollen wir so langsam ja weiter voran kommen, um endlich Sizilien zu erreichen. Also ablegen und 46 Seemeilen weiter am Geburtstag meiner Schwester, die ich nun auch mit der sechs als erste Zahl willkommen heißen darf, vor dem Hafen von Roccella als Zwischenstation ankernd. Dort beobachten wir ausgiebig die zu Hauf vorkommenden Spiegeleiquallen. Faszinierend anzuschauen, tatsächlich wie ein Spiegelei in der Pfanne. Nur leider hatte ich keine Lust aufs Schwimmengehen, auch wenn sie nicht so arg gefährliche Hautreaktionen hervorrufen sollen. Gerade uns eingerichtet auf unserem Ankerplatz bekamen wir Besuch, der geneigte Leser/-in ahnt es, von der Guardia Costiera. Eine sehr nette Beamtin wollte einen 200 Meter Abstand vom Badestrand und der Hafeneinfahrt. Na, so charmant gebeten, ankerten wir um: auf meinen Wunsch in die Nähe anderer Boote direkt vor der Stadt. Piet fragte zweimal nach, ob ich es so wolle. Da es ein Ankern vor der offenen Küste war, wollte ich die Nähe anderer Boote. Aber die Stadt.... Ja, das war dann das Verhängnis: bis zum Aufbruch nachts um ein Uhr die heftigste Diskomusik aus drei Richtungen, sich prächtig mischend im „Bumbum“ der Bässe, Feuerwerk aus verschiedenen Richtungen. Ich war wie gerädert, Piet schlief friedlich neben mir.
Danach begann unser letzter Abschnitt Richtung Sizilien, nach Taormina.
Sizilien zeigte sich uns lange nicht, lag in einer dichten Dunstglocke, auch der Ätna blieb vollständig verhüllt. Nach 14 ½ Stunden (mit unserem Zwischenstopp) erreichten wir die Bucht vor Taormina. Reichlich müde betrachteten wir mehrere Superyachten, die neben uns lagen und der Wetterbericht brachte schlechte Neuigkeiten aus der Straße von Messina. Doch davon mehr in unserem nächsten Bericht.
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Unerwartete stürmische Überfahrt von Montenegro nach Süditalien: Das Meer als unser Lehrmeister; glückliches, übermüdetes Ankommen in Monopoli ; Apulien in seiner Vielfalt überraschend; Weiterfahrt nach Brindisi: wir liegen kostenfrei an der Hafenmole. Wir segelten bei strahlendem Wetter von Budva aufs offene Meer, uns am Fortgang unserer bisher längsten Strecke von 106 Seemeilen erfreuend. Beide Segel standen gut, alles sehr ruhig und gemächlich. Ich übernahm stundenweise das Steuer, konnte uns bei mäßigem Seegang ein wenig zu Essen bereiten. Den Funk ließen wir laufen und nachmittags hörten wir eine Mayday Meldung eines Schiffes, das bei Split wegen Sturms in Seenot geraten war. Ich war beunruhigt und fragte Piet, ob dieser Sturm irgendwie Auswirkungen auf unsere Route hätte. Er überprüfte wieder die Wetterdaten und verneinte. So segelten wir ruhig den ganzen Tag und allmählich in die Dämmerung hinein. Die Sonne war merkwürdig von einer Wolkendecke umhüllt, und es wurde mit der Dämmerung sehr wolkenverhangen dunkel um uns. Wie aus dem Nichts tat sich vor uns eine weiße Wolkenwand auf, eine sogenannte Böenwalze. Piet gab Anweisung Segel runter: wir hatten gerade das Großsegel im lazybag verstaut, da brach es auch schon los. Die Fock verhakte sich, Piet kappte die Schot. Mit Böen über 40 Knoten und Wellen, die sich immer weiter aufbauten stampfte und rollte unser Albatros durch die See. Wir waren stundenlang mittendrin.
Ich übernahm die Wache, Piet erholte sich etwas. Irgendwann bin ich an Deck wohl vor Schwäche eingeschlafen. Piet machte weiter und hatte dann ein Erlebnis der besonderen Art: mitten in diesem Unwetter tauchte eine Delfinschule um unser Boot auf und begleitete uns wohl so um die fünf Minuten. Wenn das mal nicht ein gutes Zeichen war. Schade, dass ich diese wunderbaren Tiere nicht gesehen habe. Das ausgedehnte Wetterleuchten bei mondloser, sternenreicher Nacht, die Wellenberge um uns herum waren auch ein Naturschauspiel. Jedoch so mittendrin hat es mir einen gewaltigen Respekt eingejagt. Angst konnte ich gar nicht entwickeln. Monopoli von unserem nächtlichen Ankerplatz aus. Dazu ging alles viel zu schnell. Das Meer bei aller Technik schreibt die Regeln und nicht wir. Das habe ich in dieser Nacht gelernt. Als wir am nächsten Tag um die Mittagszeit immer noch bei heftigem Seegang mit Wellen von der Seite in Monopoli ankamen, überkam mich eine große Dankbarkeit gut durchgekommen zu sein. Am Zollpier durften wir 24 Stunden bleiben. Wir schliefen uns zunächst aus. An diesem neuen Tag waren wir noch nicht in der Lage klar Schiff zu machen. Erst am nächsten Tag gingen die Aufräum–, Trocknungs- und Reparaturarbeiten los. Nun verstehe ich den Ausdruck klar Schiff machen im wahrsten Sinn des Wortes.
Es gefiel uns einfach hier. Insbesondere das abendliche Treiben mit Flanieren durch die Stadt. Nun wollten wir einen weiteren Tag bleiben und suchten verzweifelt die im Internet beschriebene Marina. Tja, und es sollte eine abbruchreife Werft sein, die wie ein Sammelschrottplatz aussah. Wir sprachen einen Mann dort an, und er bot uns an einem Sonntag einen Anlegerplatz im Travellift an. So sehen stattliche Nebenverdienste aus. Wo sollten wir hin, zum Ankern war es zu rau draußen, die Hafenpier war ausgereizt. Also hockten wir von drei Mauern umgeben sicher für 100 Euro an diesem Platz. Unter einem alten Boot versammelten sich Einheimische, sangen und plauderten, und wir mittendrin. Am Montagmorgen vor acht Uhr sollten wir den Platz verlassen haben, damit dort wieder Schiffe gekrant werden konnten. Wie im „Zwischenlager"; auf der Werft unter dem Kran für eine Nacht. Artig zogen wir um halb acht, uns auf engem Raum im Hafenbecken befindend, rückwärts aus unserer Lücke und segelten nach Brindisi. Die große Hafeneinfahrt mit riesen Tanks sehr industriell anmutend, auf der anderen Seite meerwärts ein Flughafen, dann aber auch ein rotes altes Kastell und weiter gen Altstadt ein bemerkenswertes aus hellem Kalkstein geformtes Marinedenkmal mit schönen Wohnanlagen drum herum. Uns eher mit den seglerischen Gegebenheiten auseinandersetzend, sind wir mal wieder angenehm von dieser Stadt überrascht: wir können kostenfrei an der Hafenmole festmachen. Wir übersehen dicke Ketten im Wasser, die uns, später entdeckt, einen langen Kratzer im Rumpf bescheren. Erst mal sind wir froh hier gut gelandet zu sein. Denn dieser Sturm sitzt uns doch noch irgendwie in den Knochen. Wir bleiben hier vom 1.-5.8., erkunden die Stadt, fahren mit dem Zug ins nahegelegene Lecce, wo es Barock-und Renaissancebauten in Hülle und Fülle gibt. Manchmal vermag ich mir die wechselnden Eindrücke kaum merken und so haben wir immer wieder Tage mit wenig Aktivität dazwischen. Wenn ihr euch vielleicht fragt, wie es uns emotional geht, dann muss ich sagen, wir kommen in einen anderen Lebensrhythmus. Das Gefühl von Zeit haben, durch keine Verpflichtungen oder Termine eingeengt zu sein, ist ein für mich ganz ungeahntes Freiheitsgefühl. Zu zweit auf relativ engem Raum regelt sich recht gut: jeder hat seinen Freiraum und vieles macht einfach zusammen im Erleben viel mehr Spaß. Ich bin sehr gespannt, wie es sich auf die Länge der Reise entwickelt.
Piet kennt dieses Segelgebiet gar nicht. Weiter soll es mit Zwischenetappen nach Sizilien gehen. Über Otranto mit seinen verwinkelten Gässchen und unseren Erlebnissen erzähle ich im nächsten Bericht.
Vielleicht gebt Ihr uns einmal Rückmeldung und erzählt einfach einmal, wie es zu Hause so weiterläuft. Bis zur nächsten Woche liebe Grüße von Peter und Gundula Der Fjord von Kotor: Tivat: Marina der Oligarchen mit teurem, schlechtem Anlegeplatz für unseren Albatros; wie Agenten beim Einklarieren ihr Geld verdienen. Kotor: atemberaubende Natur und historische Altstadt, durch Kreuzfahrschiffe, Jetskis und schnell fahrende Taxiboote nervenaufreibend. Risan: Erholen vom Rummel mit Ausflug ins sehenswerte Perast. Unerwarteter Polzeibesuch beim Ankern in der Kotorbucht. Abschied von Montenegro mit Disko-Ankern vor Budva. Von Cavtat aus erreichen wir nach gutem Segeltörn die Einfahrt des Fjordes von Kotor, dessen Backbordseite, mit einer alten Festung, noch kroatisch ist und der auf der Steuerbordseite mit montenegrinischer Festung ausgestattet ist. Kaum im breiten Fjord, sausen Taxiboote und Jetskis mit überhöhter Geschwindigkeit rücksichtslos um uns herum. Laut unserer Vorbereitung hat Montenegro viele Vorschriften auf seinen Wasserwegen, unter anderem eine Geschwindigkeitsbegrenzung der Motorboote von 10 Knoten. Scheinbar alles blanke Theorie. Zu unserer eigenen Polizeibegegnung komme ich später noch. Schließlich erreichen wir Tivat, die zur Zeit angesagte Marina der insbesondere russisch Besserverdienenden. Das ist auch wahrlich nicht zu übersehen: an der Zollpier liegt der Riesendreimaster Black Pearl (106 Meter lange Megayacht) des verstorbenen Oligarchen Burlakov, um die sich nun laut Presse Ehefrau und Geliebte streiten. Wir legen dahinter an und werden von einer anderen auslaufenden Megayacht von einem Käpitän in gepflegtem deutsch beschimpft, dass wir ihm im Weg sind. Es gab gar keinen Anlass; bei der Größe jedoch ein berechtigtes Interesse unsererseits auszuweichen. Ja, und dann begann das Thema einklarieren, wozu man hier einen sogenannten Agenten braucht. Angeblich kostenfrei, wenn man die Marina wählt. Na, wir warteten nach Funkanmeldung in sengender Hitze so vor uns hin. Irgendwann reichte es mir, und ich ging zum Zoll, wo ich einem freundlichen Agenten begegnete, der sich unserer Einklarierungsangelegenheit annahm. Es ging relativ rasch inklusive Tourismusabgabe vonstatten. Piet zückte bereitwillig seine Visacard und 76 Euro wechselten den Besitzer.
Eine schöne Dusche ließ meinen Unmut vertreiben und frohgemut erkundeten wir die Umgebung der Marina mit schönen Restaurants und unglaublich teuren Geschäften, wie zum Beispiel Dior, Rolex und Co. Ein einfaches Jeanskleid in einem Fenster übertraf bei weitem unser Monatsbudget! Viele Frauen sahen aus wie Breitmaulfrösche, relativ jung und chirurgisch irgendwie uniform verändert. Das wirkte beinahe surreal. Piet drängte auf Weitergehen, und so erreichten wir die kleine Marina der Einheimischen. In einem sehr schönen Lokal beobachteten wir den Sonnenuntergang. Am nächsten Morgen verließen wir die Marina und Piet machte der Angestellten in der Marina klar, dass unser unschöner Anlegeplatz nicht der Gebuchte war. Dies ließ sich mit einem Preisnachlass gut regeln. Wir verließen die Marina und ankerten vor einer Privatinsel, die man nicht betreten darf. Um uns versammelten sich über Tag viele andere Yachten. Nachmittags unternahmen wir einen kleinen Dingi-Ausflug zu einer der Privatinsel benachbarten Insel, da fing es aus dem Gebirge hinter Kotor gewaltig an zu grummeln mit dunklen Wolkenbergen. Also nichts wie zurück an Bord. Wir erreichten unseren Albatros rechtzeitig und ein Gewitter und Regen entluden sich. Die Ausflugsyachten entschwanden. Wir und wenige andere Segler blieben vor Anker liegen, und genossen so die Ruhe nach dem Rummel in Tivat.
Am 22.7.1452 fanden zwei Brüder aus Perast (wunderschöner Ort am gegenüberliegenden Ufer), die dort Fischer waren, eine Ikone mit der Jungfrau Maria mit dem Christuskind auf dem Meereskliff und brachten sie nach Hause. Am nächsten Morgen war die Ikone verschwunden und erschien wieder am Kliff. Sie nahmen sie erneut mit und wieder verschwand sie, um am Kliff wieder aufzutauchen. Das verstanden die Fischerbrüder als Wunsch der Jungfrau, für immer am Kliff zu bleiben. Die Brüder gelobten dort eine Kirche zu bauen, die dieser Ikone der Jungfrau, der Schutzpatronin der Seefahrer und Fischer, gewidmet ist. Eine kleine Insel wurde von den Leuten aus Perast um die Klippe herum mit Felsen und Steinen aufgeschüttet. Im Zentrum der Insel wurde eine kleine Kapelle gebaut. Seit Jahrhunderten nun feiern die Menschen dort am 22.7. die Fascinada, fahren in einer Prozession mit ihren Booten um das Inselchen herum und werfen zum Angedenken Steine ins Wasser.
Abends trafen wir dann wieder auf die beiden Pärchen, die wir in der Bucht vor Slano kennengelernt hatten. Zusammen verbrachten wir mit Rainer und Elena von der Ophelia und mit Franz und Ingrid von der Starlight einen schönen Abend in old Kotor. Nächsten Tag wollten wir dann doch in etwas weniger belebte Gefilde aufbrechen und segelten zurück im Fjord vor das Städtchen Risan, um dort fernab des Ferientrubels zu ankern. Dieses recht ursprüngliche Städtchen ließ uns von dem Trubel Kotors verschnaufen und kam gerade recht. Irgendwie läufst du sonst auch Gefahr das Gesehene gar nicht zu verdauen und auf sich wirken zu lassen. Also baumelten wir vom 24.-27.7. ein wenig aus, machten an Bord einige Dinge klar und faulenzten. Jawohl, ganz recht gehört, so langsam können wir das und das Schönste, wir genießen es auch.
Nach einer kurzen Stippvisite noch mal in Perast: ich wollte Piet diesen schönen Ort einfach zeigen, ging es zurück, an Tivat vorbei. Wir ankerten rechtsseitig hinter einer Werft vor einem kleinen Touristenort, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe. Dann fuhren wir mit dem Dingi an Land, hatten gerade unseren liebgewonnenen Cappuchino (Piet) und Espresso (ich) bestellt, da wurden mehrere Herren samt Piet nervös, liefen aufgeregt umher: die Küstenpolizei kontrollierte, fuhr auch auf unseren Kat zu und wir waren nicht da. Piet entschwand Richtung Schiff, ein alter Herr riss seinen PS-starken Motor aus der Halterung und schleppte ihn davon. Ich saß da mit zwei Getränken, schüttete es in mich hinein, war im Begriff zu zahlen, da stand Piet wieder vor mir. Wir beobachteten, wie mehrere schnell fahrende Boote von der Polizei angehalten wurden. An unserem Kat tuckerten sie ein zweites Mal vorbei und entfernten sich dann. Ich glaubte natürlich, wir dürften da nicht ankern, und außerdem waren wir schon über die Zeit des Aufenthaltes hinweg.
Nächsten Tag verließen wir die Kotor Bucht und segelten an der Küste entlang nach Budva, um dort auszuklarieren. Meine Güte, Tourismus mit überfüllten Stränden, sich mischende Diskomusik aus allen Ecken , Jetskis haarscharf an den ankernden Booten vorbei, Speed Boote, die Luftmatratzen mit juchzenden Menschen hinter sich herzogen. Irgendwie alles überdreht und Spaß betont. Ich war richtig bedient und fand nachts keinen Schlaf. Wir wollten uns vor unserer langen Überfahrt nach Süditalien etwas ausruhen. Es hilft ja nichts: also das Beste draus machen. Wir suchten Nautikshops, die aber nicht das Benötigte hatten. Ja, Einkäufe mit langen Fußmärschen und mancher Vergeblichkeit wären noch einmal ein Sonderthema. In Deutschland waren wir bisher mit dem Bekommen von Ersatzteilen doch mächtig verwöhnt und vieles erschien selbstverständlich. Das ist in anderen Ländern ganz anders und überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Wir mussten nun ja endlich ausklarieren und ich hoffte inständig, dass den Beamten unsere längere Verweildauer nicht auffallen würde. Aus 7 Tagen waren 10/ 11 Tage geworden. Also früh am Morgen hin zum Hafenmeister. Der hatte einen Klienten im Raum bei dem es länger dauerte. Geduldig-ungeduldig warteten wir in einem hässlichen Vorraum, in einer Ecke ungeschützt die Aktenordner, (es lebe der Datenschutz), so vor uns hin. Schließlich erhielten wir Einlass. Es ging rasant schnell: Stempel drauf und weiter zur Polizei: der Beamte meinte dort es dauere nur fünf Minuten und dann fiel ihm der PC aus, er telefonierte und telefonierte, ohne dass das technische Problem behoben werden konnte. Unsere Personalien wurden schlichtweg nicht überprüft. Mit Schweiß auf der Stirn notierte der Polizist unsere Personalien schließlich manuell. Es wirkte irgendwie, als wenn er froh war, als wir sein Büro verließen. Nun war es inzwischen fast 10.30 Uhr geworden und wir segelten bei ruhigem Wetter aufs offene Meer. Alle Wind und Wettervorhersagen hatten uns für diese längere Fahrt grünes Licht gegeben. Aber es kam alles anders. Das erfahrt Ihr in unserem nächsten Bericht.
Abschied aus Kroatien mit Besuch der wunderschönen Insel Korcula, Ankern ca. 35 km von Dubrovnik entfernt. Die Gässchen und Stadtmauer von Dubrovnik mit einfach zu vielen Touristen im Sommer, frühmorgendliches Ausklarieren in Cavtat. Nun rennt die Zeit reisend so dahin, und ich möchte euch einmal wieder berichten: Nach unserem ganz schönen Treffen mit drei Paaren von anderen Schiffen brachen wir wieder auf, um uns Richtung Korcula / Süddalmatien zu bewegen. Es war nur ein kurze Segelstrecke von ca. acht Seemeilen mit einem Panorama zwischen den Gebirgszügen der Halbinsel Peljesac zur Backbordseite und den waldreichen, in verschieden Grüntönen schimmernden Bergen Korcula’s auf Steuerbord. Peter hatte eine Ankerbucht vor der Stadt Korcula im Osten gewählt. So motorten wir ziemlich problemlos in die Luka Banja und machten an einer Boje fest. Sofort näherte sich ein Boot mit Junge und Hund an Bord, der abkassierte. Dieses überzogene überall Bezahlen, ohne Gegenleistung wie z.B. Wasser und Strom, fängt an, mich an Kroatien zu ärgern, bei allem Verständnis, dass Tourismus hier die Lebensgrundlage sichert.
Unsere Rattenbegegnung möchte ich dabei nicht unerwähnt lassen: Auf dem Rückweg saßen wir in einem Café und Peter starrte konzentriert auf den Fußboden. Am Nachbartisch wirbelte Personal herum. In aller Seelenruhe bat mich Piet schnell die Füße hochzuheben, und da sah ich sie: eine Ratte unter dem Nachbartisch im Begriff über meine Füße zu rennen. Und schon flitzte sie los, verletzt am Rücken, unter ein nahe gelegenes Auto. Ich hatte keine Lust mehr auf meinen Espresso, schnappte das Wasser und wir zogen beschleunigten Schrittes ab. Was mag wohl in dieser Küche los gewesen sein?
Am nächsten Morgen (11.7.2022) legten wir ab und erlebten unerwartet 30 Knoten Wind mit ordentlichem Wellengang in dem schlauchartigen Wasserweg zwischen den Gebirgszügen von Peljesac und der Insel. Es böete ganz ordentlich mit diesen scheinbar typisch drehenden Winden. So erreichten wir nach 40 Seemeilen in knapp acht/neun Stunden unsere neue Ankerbucht Slano, 30 km nordwestlich von Dubrovnik. Einfach ankern in nicht bootsüberfüllter Bucht, hurra! Hier lernen wir am 14.7.2022 Elena und ihren Mann Rainer von der Ophelia und das Ehepaar Franz und Ingrid von der Starlight kennen, die sich als relative Bootsneubesitzer zusammen getan haben, um all die immer wieder auftauchenden Schwierigkeiten an Bord und auf See irgendwie zusammen zu meistern. Wieder eine ganz schöne Begegnung von Menschen, die aus dem Berufsleben ausgeschieden sind und ihre Träume verwirklichen. Dieses „Anfängertum“ tut mir gut, da es mir in vielem ähnlich ergeht: z.B. das Lauschen auf nicht einzuordnende Geräusche in der Nacht, häufige Reparaturen, nicht einschätzbare Wetter– und Windverhältnisse, Auswahl der Ankerplätze und vieles mehr.
Schon wieder mächtig heiß geworden, marschieren wir tapfer den drei kilometerlangen Aufstieg in die Altstadt (Stari Grad). Piet forsch voran, ich innerlich fluchend, immer wenn ein Bus an mir vorbei rauscht. Besichtigung wird hier halt per pedes erarbeitet. Und wir werden ja auch durch wechselnde wunderschöne Blicke auf die Altstadt belohnt. Oben angekommen werden wir durch den nicht enden wollenden Touristenstrom erschlagen. Durchs westliche Pile Tor gelangen wir mehr geschoben als frei gehend, vorbei an einem Musiker in diese durch die Stadtmauer geschützte Stadt. Kaum vorstellbar, dass die jugoslawische Volksarmee in der Anfangsphase des Kroatienkrieges 1991/92 eine Bombardierung mit über 650 Mörsergranaten am 6.12.1991 und Belagerung auf die Zivilbevölkerung startete . Viele Zivilisten verlieren ihr Leben, ein Prozent der Stadt brennt nieder und über die Hälfte der Dächer werden beschädigt, als es in weiteren acht Monaten zu langen Schiffs- und Artillerieangriffen der Serben kommt. Der Wiederaufbau dauert zehn Jahre. Durch diese historische, wirklich einmalige Stadt schlendernd, von der ca. zwei Kilometer langen Stadtmauer die neu eingedeckten Dächer rötlich schimmernd zu sehen, lässt mich gedanklich doch festhalten über die Sinnlosigkeit von Krieg nachzudenken Einschusslöcher in alten Holztüren weisen mahnend darauf hin. Im Lauf der Geschichte hat diese Stadt ja auch wirklich viel erlebt. Bauten aus dem Mittelalter treffen auf Barock und Renaissancebauten. Alles wirkt wie ein Gesamtbild und hat uns schon sehr beeindruckt. Irgendwann fallen mir viele Menschen mit schwarzen T-Shirts mit der Aufschrift „Game of thrones" auf, die hier auf den Spuren ihrer Serie wandeln.
Irgendwann sind wir regelrecht „seh-müde“ von all den Eindrücken und begeben uns vor die Stadtmauer, wo wir von einem Restaurant aus das Treiben noch einmal beobachten. Müde und vom Tag erfüllt, kehren wir gern in die Ruhe unseres Bootes zurück. Nach einem Ruhetag fahren wir noch einmal nach Dubrovnik: Piet bleibt im Hafen und organisiert weiteres Material für unseren Albatros, und ich wollte mir gezielt einiges anschauen. So besuche ich in einem Nebengässchen eine „war photo limited“ Ausstellung. Diese Bilder drücken das Leid und auch manchmal mitten in den Trümmern das Stück Liebe und Glück mehr aus als, wie habe ich es gerade im Spanischen gelernt‚ tantas palabras (viele Worte). Berührt trottete ich durch die an diesem Tag weniger bevölkerten Gässchen, hin zu der Jesuitentreppe mit der Kirche St. Ignatius an der Spitze. Ein sehr schöner Platz in der Altstadt.
Nun hatte ich allmählich wieder Sehnsucht Piet zu treffen und bewegte mich stadtauswärts, vorbei an einer ganz unscheinbaren Tür in das Franziskanerkloster, wo sich angeblich Europas älteste Apotheke seit 1317 befindet. Es war einfach mitten in dem Rummel ein stiller Ort mit heute noch betriebener Apotheke und sehr gut erhaltenem Kreuzgang und Museum mit Inventar einer Apotheke, würde sagen aus dem 17.-18. Jahrhundert. Alte Rezepturbücher unter anderem in deutscher Sprache. Nach einer guten inneren Einkehr machte ich mich auf den Rückweg. Ohne Ort und Zeit festgelegt zu haben, trafen Piet uns in einem Restaurant und tauschten uns über die unterschiedlich verlebte Zeit aus. So ging wieder ein erlebnisreicher Tag zu Ende.
Auf in ein neues Land, Montenegro. Davon handelt der nächste Bericht. |
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