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                                                           ... ob die Erde wirklich rund ist

Unbekanntes Sardinien- welch´schöne Entdeckung ohne Massentourismus

12/16/2022

2 Comments

 
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Der Herbst mit seiner Witterung hält Einzug und behindert unsere Weiterfahrt zu den Balearen
die kleine Insel St. Pietro wächst uns ans Herz und lässt uns in der Marina Sifredi den Starkwinden trotzen
Lagerungsschwindel nimmt mir die Orientierung und wünsche ich meinem ärgsten Feind nicht
anregende schöne menschliche Begegnungen; Überlegungen die Atlantiküberquerung nicht in diesem Jahr zu starten

Nach kurzem Zwischenstopp sechs Seemeilen vor St. Pietro erreichten wir am 19.9.2022 dieses bezaubernde kleine Eiland. Beim Einlaufen in den Hafen von Carloforte auf St.Pietro waren wir beide sofort in diesen Ort verliebt. Zu beiden Seiten des Hafens gibt es je eine Marina. Wir hatten uns auf Anraten des Australiers, den wir in Teulada auf Sardinien getroffen hatten für die rechts liegende Marina Sifredi entschieden. Zwei hilfsbereite Marineros begleiteten uns mit ihrem Dingi an den Steg und waren uns ganz unaufgeregt behilflich. Hier war wirklich etwas anders. Bürokratie wurde klein geschrieben. Wir regelten die Anmeldeformalitäten erst Tage später und bezahlten im Vergleich eine erschwingliche Liegegebühr. Die Menschen waren unaufgefordert unglaublich freundlich und hilfsbereit. Boote die dort lagen wurden bei aufkommenden Starkwinden, die wir in den 14 Tagen vor Ort häufig hatten, von den Marineros unaufgefordert vertäut und die Leinen kontrolliert . Irgendwie hatten sie ihre Marina sicher im Blick. Die Sanitäreinrichtung war super sauber und gepflegt von einer Putzfrau, die sich auch mit ihrem Job zu identifizieren schien und die Leute ansprach, wenn sie sich daneben benahmen. So standen wir bereitwillig morgens an und warteten bis die Putzfrau hinter jedem Gast sauber machte. Es bot Gelegenheit Kontakte zu knüpfen.
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Unser erster Landausflug ins Städtchen führte uns an die Promenade mit Palmen. Von dort aus genossen wir täglich den Blick auf das wunderschöne Panorama auf die benachbarten sardischen Inseln mit ihren Bergketten. All die Tage faszinierte uns diese Aussicht aufs Neue. Carloforte selbst ist eine muntere Kleinstadt mit etwa 6100 Einwohnern, mit einem Zentrum unter riesigen alten Bäumen mit Bänken drum herum, wo man sich trifft und schwatzt. Der Markt am Mittwoch ist eine weitere Gelegenheit sich zu treffen. Fremde, Touristen und Einheimische bilden ein munteres Gemisch.

Das Geschäftsleben besteht aus kleinen Geschäften und Ständen und irgendwie ließ sich für unser Boot und unsere Versorgung alles problemlos auftreiben. In sogenannten „Ferreterias“ gibt es neben dem Eisenwaren- und Baumarktsortiment Haushaltswaren jeglicher Art. Alles im Kleinen mit persönlicher Beratung, die von der Verständigung erstaunlich gut klappte. Ein Highlight war ein Kurzwarengeschäft vollgestopft mit Stoffen, Garnen, Wolle, Unterwäsche, Socken etc.. Es gab praktisch alles. Ich kaufte dort Wolle und Stoff.
Wir waren zwei Wochen dort und die Menschen kannten uns und wir sie. Irgendwie fühlte sich das heimatlich und geborgen an.
Als ich einmal meinen Schlüsselring verloren hatte und in unsere Ferreteria ging, die wir schon häufig besucht hatten, wünschte mir der Besitzer einen schönen Tag und schenkte mir das Teil. Ich war so perplex und erfreut, dass Menschen halt auch so miteinander umgehen können. Anders als sonst in Italien, wo der Tourist eher über den Tisch gezogen wird. Diese Mentalität war hier jedoch komplett anders. Eine andere Begegnung war zum Beispiel auf der nahegelegenen Werft, die zu unserer Marina gehörte. Ich radelte dort mit dem Fahrrad hin, um unseren Fender aufpumpen zu lassen und stand vor einem verschlossenen Zaun. Ein älterer Herr arbeitete an einem alten Boot, sah mich, wir kamen ins Gespräch, er holte den Schlüssel und ließ mich aufs Gelände, um sofort die jungen Marineros zu rufen, die mir helfen sollten. Gesagt getan: Fender aufgepumpt. Ich wollte bezahlen, der junge Mann winkte ab, „gern geschehen“. Ich radelte glücklich und zufrieden von dannen.
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Unsere Begegnungen lassen sich so fortsetzen:
An unserem Steg lagen mehrere deutsch beflaggte Schiffe. So traf ich beim Schlange stehen vor der Marinatoilette Petra. Wir kamen in ein angeregtes Gespräch, nichtsahnend, dass wir zwei Boote weiter quasi Nachbarn waren. Das fanden wir schnell heraus: Petra kam vorbei und informierte uns, dass am Mittwoch Markttag sei. So zogen Piet und ich gleich los auf diesen wunderschönen Wochenmarkt, der irgendwie auch alles zu haben schien und Treffpunkt des Städtchens ist. Überall wimmelte es von Menschen, die in den Cafés und auf den Bänken saßen und plauderten. Mit leckeren Oliven, getrockneten Tomaten!!, Käse und der landestypischen Art Salami kehrten wir auf unser Boot zurück. Ich lud Petra und ihren Mann Martin zu einem Glas Wein mit unseren erworbenen Leckereien ein. Es war ein anregender Abend, wo wir viel aus dem Leben der beiden erfuhren. Martin, ein zunächst zurückhaltender Mann, hatte als Manager für Siemens lange im Ausland gearbeitet. Petra, immer mit ihm mitziehend, hatte die Familie gemanagt. Nun genossen beide ihren Ruhestand zwischen in der Nähe von Erlangen lebend und ihrem Boot Magic Gaiganz (eine Fountaine Pajot Lipari) in Carloforte pendelnd. Die eigentlich vor ein paar Jahren geplante Atlantiküberquerung war diesem Lebensmodell gewichen und beide fühlten sich damit offensichtlich sehr wohl. Sie betonten immer wieder, wie schön es hier sei. Wir beide konnten es nach dieser kurzen Zeit bestätigen und kamen ins Nachdenken hier zu bleiben.
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Peter war mit Motorölwechsel und bestellen eines neuen Raymarine Geräts beschäftigt. Die ankommenden Pakete lagen offen neben dem Marina Büro. Ja, hier kam nichts weg. Das habe ich auf Reisen so nur im Oman erlebt. Wir selbst bewegten uns so auch frei und völlig sicher. Ich schnappte mir unser Klappfahrrad und erkundete die Umgebung. Meine erste Ausfahrt führte mich in ganz abgelegene, einsame, hügelige Gegenden mit kaum Besiedlung. Ich fand ein schon geschlossenes Hotel an einem Steilufer und schließlich kam ich an eine abgelegene wunderschöne Badebucht, La Bobba genannt, mit einer kleinen Bar, wo ich mich ausruhte und erfrischte. Ich fuhr aufs Geradewohl und landete nach vier Stunden wieder in Carloforte mit all den schönen Eindrücken dieser schroff felsigen Insel. Das Ganze unternahm ich noch zweimal, besuchte die alte Thunfischfabrik La Tonnare, wo der berühmte Blauflossenthunfisch, wenn er im Mai, Juni eines jeden Jahres um die Insel schwimmt, in einer einzigartigen Fangmethode mit großen Netzen gefangen und geschlachtet wird. Dieser Tonno rosso wird dann in den Restaurants überall serviert oder kann in sehr teuren Dosen später als Souvenir mitgenommen werden. Ich bin im Mitnehmen von Besonderheiten ja meist nicht kleinlich, aber die kleine Dose kostete über 20 Euro. Das war uns einfach zu viel. Es muss aber wirklich etwas Besonderes sein. Das nächste Mal probieren wir es aus!
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An einem Wochenende war ein sogenanntes Couscous Fest. Es erinnert an die Umsiedlung der ligurischen Fischer von der Insel Tabarka (Tunesien) 1738 auf diese kleine sardische Insel. Traditionen, Bräuche und auch der ligurische Dialekt (Tabarchino) sind hier anders als auf Sardinien.
Nun zurück zum Fest: die ganze Stadt war mit Ständen, Kunsthandwerk und Musik erfüllt. Couscous gab es in den Restaurants und auf dem Versammlungsplatz unter den großen Bäumen zu kaufen. Das Café dort, in dem wir öfter waren, war total überlaufen. Zwei Stühle an einem Tisch, wo ein einzelner Herr saß, waren frei. Also nachgefragt, ob wir uns dazu setzen könnten. Natürlich war es kein Problem. Wir bestellten unseren Kaffee. Ich kam etwas schleppend mit dem Herrn ins Gespräch bis er Freunde mit an den Tisch bat und ein munteres Gespräch in Gang kam. Eine junge Frau übersetzte ins Englische und erzählte mir, mein Tischnachbar hätte früher perfekt mehrere Sprachen gesprochen, was ihm nach einem traumatischen Ereignis nicht mehr möglich sei. Na, da saß er ja genau richtig neben mir. Er genoss irgendwie das Dabeisein, stand irgendwann auf und verabschiedete sich. Seine Freunde sagten dann, er hätte die ganze Tischrunde bezahlt.
Ganz verdattert und auch angerührt bummelten wir weiter über das Fest und kauften uns eine Portion Couscous, die wir genüsslich an Bord verspeisten. 
Da Piet mit den Arbeiten am Motor noch nicht ganz fertig war, begab ich mich auf meinen dritten Fahrradlandausflug. Rund um die Salzseen radelte ich ins felsige Innenland, bis mich eine dunkle Wolkenwand mitten auf einem Hügel mit einzelnen Häusern in der Ferne erschreckte. Mit voller Kraft trat ich den Rückweg an, glücklicherweise viel bergab auf einer Schotterpiste. In knapp 40 Minuten erreichte ich den Steg, als ein gewaltiges Gewitter mit sturzbachartigem Regenschauer einsetzte. Puh, Glück gehabt. Aber irgendwie hatte ich zwei Tage später einen leichten Infekt und wenig später bekam ich einen Lagerungsschwindel vom Feinsten. Ich konnte mich kaum aufrichten, hatte keine eine Orientierung im Raum. Von einer Minute zur anderen war mir alles entglitten. Die Lagerungsübungen, die ich meinen Patienten/-innen immer gezeigt hatte, kosteten mich ordentlich Überwindung, da sich beim rückwärts Fallenlassen zunächst der Schwindel verstärkt bis man den Kopf auf die Gegenseite gedreht hat. Ich weiß jetzt, wie jämmerlich es sich anfühlt. Der Schwindel begleitete mich noch bis nach Mallorca und kam später noch einmal zurück.
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Da die Windverhältnisse mit ihren Starkwinden von vorne Richtung Mallorca anhielten waren wir 14 Tage auf St. Pietro. Erstmals diskutierten wir, ob es mit der Atlantiküberquerung dieses Jahr überhaupt noch etwas werden würde: die Argumente waren einmal die Zeitverzögerung, dann die Schönheit dieses Ortes!, meine noch nicht ausreichende Segelfertigkeit ( mit so einem erfahrenen Skipper, der alles kann, habe ich mich häufig drauf verlassen und nicht selber ausprobiert) und die Erschöpfung bei Piet selbst. Tja, diese Ehrlichkeit in der Abwägung kann es auch „schwindeln lassen“.
Wir beschlossen den Druck heraus zu nehmen.
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An unserem letzten Tag trafen wir uns mit einem weiteren Bootsnachbarn und seiner Frau. Susanne und Heinz aus der Nähe von Celle waren für uns eine ganz wunderbare Begegnung. Sie hatten sich hier auf Carloforte gerade ein Ferienhaus gekauft und renoviert. Als ich mit meinem Fahrrad unterwegs gewesen bin, hatte er mich in den Hügeln erkannt und Piet hatte zuvor am Steg einen kurzen Schnack über das Boot von Heinz, das Emden als Heimathafen hatte. Als wir von einem Einkauf auf unser Boot zurückkamen, fanden wir eine Visitenkarte mit einer Abendeinladung zum Sundowner in einem Lokal an der Promenade. Wir trafen uns, und es passte sofort mit uns Vieren. Schade, dass es unser letzter Abend war. Daraus hätte sich ein guter Kontakt entwickelt. Piet unterhielt sich sehr angeregt mit Heinz und ich mit Susanne. Es gab viele Parallelen.
Wir verabschiedeten uns, und wir hoffen, beide irgendwann wieder zu treffen.
Am 4.10.2022 hatten wir unser Wetterloch um die 260 Seemeilen bei guten Winden anzugehen. Der Abschied von St. Pietro fiel uns beiden sehr schwer, weil die 14 Tage in dieser schönen Umgebung mit seinen Menschen uns so gefallen hat.
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2 Comments
Mani
12/18/2022 11:33:43

Hallo ihr beiden. Es ist immer wieder äußerst spannend und interessant, von euren Erlebnissen zu erfahren. Das weckt Sehnsucht nach Weite, Wärme und Freiheit. Ich wünsche euch weiterhin tolle Erlebnisse und Wohlbefinden. Und natürlich: ein fröhliches Weihnachtsfest und einen ruhigen Jahreswechsel! Mani

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Hartmut Kühn
12/18/2022 13:26:23

Habt Dank für eure Berichte. Vieles erlebt ihr ähnlich wie wir als Wohnmobilreisende. Es sind nicht die großen Tourismusorte, die den eigentlichen Wert der Anstrengung ausmachen sondern die kleinen spontanen Begegnungen mit Menschen, die uns Einblick in deren Denk- und Gefühlswelt schenken. Das Erfahren spontaner Freundlichkeiten und von Zuneigung. Gnießt weiterhin die Ereignisse,die euch auf eurer Reise vor die Füße spülen.
Euer Hartmut

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